Tax Compliance – Instrument für den unternehmerischen Erfolg

Tax Compliance – Instrument für den unternehmerischen Erfolg

1. Was ist unter Tax Compliance zu verstehen?

Zahlreiche, von Mitarbeitern unterschiedlichster Unternehmen (was deren Größe und Branchenzugehörigkeit angeht) begangene Gesetzesverstöße haben in den letzten Jahren den Begriff „Compliance“ immer mehr in das Licht der Öffentlichkeit gerückt. Erinnert sei beispielhaft an den Schmiergeldskandal des Siemens-Konzerns oder das Fehlverhalten deutscher, englischer und amerikanischer Banken im Vorfeld der Lehmann-Krise.

Bei näherer Beschäftigung mit dem Thema „Compliance“ zeigt sich, dass es für diesen Begriff keine eindeutige deutsche Übersetzung gibt. „Compliance“ wird zumeist als Begriff für die Befolgung, Übereinstimmung und Einhaltung bestimmter, häufig gesetzlicher Ge- und Verbote verstanden.

Damit ist auch die Einhaltung der zahlreichen steuerrechtlichen Vorschriften angesprochen. Im Vordergrund steht dort zunächst die Erfüllung der steuergesetzlichen und Verwaltungsvorschriften, bei denen es insbesondere um die Pflicht zur Abgabe von Steuererklärungen und das Zahlen festgesetzter Steuern geht. Daneben darf nicht übersehen werden, dass es auch etliche steuerrechtliche Vorschriften gibt, die eine Schutzfunktion für den Steuerpflichtigen beinhalten. Man denke nur an Rechtsbehelfe und Rechtsmittel (Einspruch, Klage) gegen einen fehlerhaften Steuerbescheid oder das Einholen einer verbindlichen Auskunft im Hinblick auf eine anstehende Umstrukturierung. Insgesamt betrachtet geht es daher beim Thema Tax Compliance nicht nur um eine reine Pflichtenbefolgung, sondern auch um die zielgerichtete Wahrnehmung der eigenen Rechte des Steuerpflichtigen.

2. Warum ist Tax Compliance wichtig?

Das Beispiel von Schmiergeldzahlungen zeigt, dass neben den damit möglicherweise unmittelbar begangenen Straftaten oft auch steuerliche Konsequenzen von großer Tragweite einhergehen. Häufig sind derartige (illegale) Zahlungen in deutschen Steuererklärungen unter Missachtung der einschlägigen gesetzlichen Vorschriften als Betriebsausgabe angesetzt worden. Dadurch sind in der Folge möglicherweise weniger Steuern gezahlt worden, als bei Abgabe einer inhaltlich zutreffenden Steuererklärung geschuldet. Der Verstoß gegen Compliance-Regeln kann daher eine Steuerhinterziehung nach sich ziehen.

Die juristische Aufarbeitung derartiger steuerlicher Sachverhalte zeigt, dass diese aus Sicht der Finanzverwaltung und der Justiz keine Kavaliersdelikte darstellen, die mit einer einfachen Steuernachzahlung erledigt werden können. Vielmehr stellt sich die Frage nach der Haftung der gesetzlichen Vertreter des jeweiligen Unternehmens. Darüber hinaus ergeben sich oft negative Auswirkungen auf das Unternehmen selbst (z. B. seinen Ruf), was dessen zukünftige geschäftliche Möglichkeiten negativ beeinflussen kann: Das publizistische Drama um das „Standing“ der Deutschen Bank ist hierfür ein sehr gutes Beispiel!

3. Wie werden Verstöße gegen Steuergesetze aufgedeckt?

Die besondere Brisanz des Themas Tax Compliance ergibt sich aus dem hohen Aufdeckungsrisiko, mit dem Unternehmen und Unternehmer rechnen müssen. In der jüngeren Vergangenheit haben Betriebsprüfungen und Steuerfahndungen ihre technische Infrastruktur stark ausgebaut und das Know-how der Mitarbeiter deutlich erhöht. Auch sind die einschlägigen gesetzlichen oder Verwaltungsvorschriften z. B. für strafbefreiende Selbstanzeigen oder zur nachträglichen Berichtigung eingereichter fehlerhafter Steuererklärungen kontinuierlich verschärft worden.

Daneben hat die internationale Zusammenarbeit der Finanzbehörden eine Intensität erreicht, die noch vor wenigen Jahren nicht für möglich gehalten worden wäre. Das zeigt sich z. B. in der großen Zahl neu abgeschlossener Abkommen zum automatischen Daten- und Informationsaustausch, in deren Folge bald alle bedeutsamen Zahlungszu- und -abflüsse eines Unternehmens für die beteiligten Finanzverwaltungen nahezu vollständig transparent gemacht werden können.

Diese Entwicklungen erhöhen zukünftig erheblich das Verfolgungs- und Aufdeckungsrisiko, mit dem sich Unternehmen und Unternehmer konfrontiert sehen.

4. Was können Unternehmen und Unternehmer vorsorglich tun?

Vor diesem Hintergrund sind die Betroffenen gut beraten, ihre spezifischen steuerlichen Risiken durch geeignete Maßnahmen zu identifizieren und zu analysieren, um diese insgesamt Compliance-konform handhaben zu können. Notwendige Voraussetzung hierfür ist eine umfassende und fachlich fundierte Aufarbeitung einschlägiger Sachverhalte.

Besonderes Augenmerk sollte dabei auf ungewöhnliche oder komplexe Geschäftsvorfälle gelegt werden, in denen neben steuerlichen häufig auch Rechnungslegungs- oder rechtliche Probleme zu lösen sind. Beispiele hierfür sind etwa Unternehmensumwandlungen, Geschäftsbeziehungen ins Ausland oder zu nahestehenden Personen. Es stellt sich auch immer wieder die Frage, ob die aktuelle Unternehmensorganisation (unter aufbau- wie ablauforganisatorischen Gesichtspunkten) für die jeweilige operative Geschäftstätigkeit noch angemessen ausgestaltet ist.

Insgesamt ist festzuhalten, dass die Beachtung der Tax Compliance über die bloße Risikovermeidung durch steuerliche Pflichtenbefolgung hinaus auch als Beitrag zur strategischen Unternehmensentwicklung durch Rechteverfolgung verstanden werden kann. Allerdings gibt es hierfür keine allgemein gültigen Regeln, die für jedes Unternehmen in gleicher Weise anwendbar wären. Es müssen vielmehr einzelfallbezogene spezifische Lösungen gefunden werden, die z. B. von der Erarbeitung einer Compliance-Richtlinie bis zum Aufbau eines wirksamen Tax Compliance Management-Systems reichen können. Wir beraten Sie gerne dabei.

Frankfurt am Main, den 01.11.2016 – SVO / JHB