Pensionskassen- und Direktversicherungen werden entlastet – Änderungen bei der inflationsbedingten Anpassungspflicht (§ 16 BetrAVG)

Pensionskassen- und Direktversicherungen werden entlastet – Änderungen bei der inflationsbedingten Anpassungspflicht (§ 16 BetrAVG)

Ein kurzer Rückblick

Der Arbeitgeber ist nach § 16 Absatz 1 Betriebsrentengesetz (BetrAVG) in Verbindung mit Absatz 3 Nr. 2 BetrAVG verpflichtet, alle 3 Jahre eine Inflationsanpassung der gezahlten Betriebsrenten vorzunehmen. 1989 schaffte der Gesetzgeber diese Anpassungspflicht fast vollständig ab. In der Literatur wurde dieser Schritt begrüßt – war man dort doch schon lange der Ansicht, dass die Anpassungspflicht bei Pensionskassen und Direktversicherungen entfallen müsse, sofern der Arbeitgeber die Überschußanteile ausschließlich zur Verbesserung der Versorgungsleistungen an die Rentner verwendet.

Zum 01.01.1999 kam es zu einer erneuten Gesetzesänderung. Die Anpassung konnte unterbleiben, wenn ab Rentenbeginn sämtliche auf den Rentenbestand entfallenden Überschußanteile zur Erhöhung der laufenden Leistungen verwendet werden und zur Berechnung der garantierten Leistung der festgesetzte Höchstzinssatz zur Berechnung der Deckungsrückstellungen nicht überschritten wird.

Die Wirtschaftskrise 2008/2009 brachte erneut „Unruhe“ in die Regelung der Anpassungspflicht. Während die Pensionskassen zum Teil die Renten herabsetzten, forderten die Betriebsrentenberechtigten nicht nur den Ausgleich der Kürzungen, sondern darüber hinaus auch eine inflationsbedingte Anpassung nach § 16 III Nr. 2 BetrAVG.

Hierauf reagierte das Bundesarbeitsgericht (BAG) mit zwei unerwarteten Urteilen vom 30.09.2014. Es legte die gesetzliche Neuregelung in der Weise aus, dass es dem Grunde nach eine Ausgleichspflicht der Pensionskassen und Direktversicherer bejahte: Die Betriebsrenten sollten sowohl im Hinblick auf Leistungskürzungen als auch im Hinblick auf einen vollen Inflationsausgleich angepasst werden. Dies gilt nach dem BAG nicht für Versorgungszusagen vor dem 16.05.1996 (Inkrafttreten der Deckungsrückstellungsverordnung) und auch danach nur dann, wenn der von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BAFin) festgelegte Höchstrechnungszinssatz nicht überschritten wird.

Aktuelle Situation

Die Wirtschaftskrise und deren Auswirkungen auf die Betriebsrentenkassen noch vor Augen habend, reagierte der Gesetzgeber auf die vorgenannten Urteile des BAG sehr schnell. Er änderte am 21.12.2015 mit Wirkung zum 31.12.2015 erneut den Wortlaut der Vorschrift des § 16 III Nr. 2 BetrAVG. Die Einhaltung eines bestimmten Zinsniveaus wurde vollständig gestrichen. Nach dem neuen Wortlaut des § 16 III Nr. 2 BetrAVG kann die Anpassungs-(-prüfungs-)pflicht entfallen, wenn ab Rentenbeginn sämtliche auf den Rentenbescheid entfallende Überschußanteile zur Erhöhung der laufenden Leistungen verwendet werden.

Nach dem Willen des Gesetzgebers gilt dies nicht nur für die zukünftigen Prüfungen nach § 16 I BetrAVG. Da nach Ansicht des Gesetzgebers der gesamte Rentenbezug ab dem Beginn der jeweiligen Rentenzahlung einheitlich zu behandeln ist, hat der Arbeitgeber auch in der Vergangenheit keine Anpassung geschuldet, wenn er die jetzt gesetzlich festgelegten Kriterien des § 16 III Nr. 2 BetrAVG von Anfang an erfüllt hat.

Der Gesetzgeber hat diese Rückwirkung nicht zeitlich begrenzt; er verneint ein potentielles schutzwürdiges Interesse der Betriebsrentner, falls es zu einer Rückwirkung kommt.

Was kann ein Arbeitgeber tun?

Die zeitlich uneingeschränkte Rückwirkung gem. § 16 III Nr. 2 BetrAVG n.F. führt unter der Prämisse, dass die Überschußanteile der Pensionskasse / der Direktversicherung zur Erhöhung der laufenden Leistungen eingesetzt wurden und werden, zu folgenden Überlegungen:

a) Gezahlte Renten, deren Höhe in der Vergangenheit nicht angepasst wurden,

b) Bereits vorgenommene Rentenerhöhungen können für die Vergangenheit – begrenzt durch die 3jährige Verjährungsfrist – nach § 812 BGB rückgängig gemacht werden (Ausnahme: rechtskräftige Zahlungsurteile bleiben bestehen). Der Rentner kann den Entreicherungseinwand nach § 818 BGB geltend machen.

c) Bei Feststellungsurteilen und Verurteilungen zu zukünftigen Leistungen kann der Weg der Abänderungsklage nach § 323 ZPO beschritten werden.

Wenn Sie Fragen zu dem Themenkreis haben, sprechen Sie uns gerne an!

Frankfurt am Main, den 25.05.2016 – ANI / JHB